Geld redigiert nicht “Erfolgsroman” – Rezension

Das Bild zeigt eine Tasse mit einem Schneemann vor einem Lagerfeuer. Daneben steht das Buch „Erfolgsroman“ von Gerhard Henschel.

Erfolgsroman ist der achte autofiktionale Roman um Martin Schlosser von Gerhard Henschel.

Der Roman beschreibt Namensgebend die ersten Erfolge Martins als freischaffender Autor. Zu Beginn ist er noch bei Jever und hält sich zusätzlich als Kellner in einer Kneipe über Wasser. Relativ schnell gelingt es ihm Stammautor für die Zeitschrift „Kowalski“ zu werden. Es ist auch der Zeitpunkt für den ersten Skandal, denn er schreibt einen Verriss über seine alte Heimatstadt Vallendar. Die Passagen über den Skandal entsprechen in vielen Punkten Henschels Beitrag in dem Buch „Öde Orte“ von 1998. Martin ist aber zu hochnäsig, als dass er auf das Angebot des Bürgermeisters Vallendars eingeht und sich an einem öffentlichen Gespräch beteiligt. Daneben kümmert er sich um seine Oma in Jever und wird immer wieder von seinem Vater nach Meppen geordert, damit er Gartenarbeiten oder anderes im Haus erledigen soll. Kritisch wird es für Martin nur dadurch, dass die Magazine, für die er schreibt, eine miese Zahlungsmoral haben. Martin verliebt sich zwar immer wieder, aber zu seinem Unmut entwickelt sich keine Beziehung aus den Bekanntschaften, wobei etwa Kathrin das von Anfang an so kommuniziert hatte.

Über dieses Buch bin ich extrem zwiegespalten. Zwar habe ich großes Mitleid mit Martin, wenn er über Monate kein Geld von “Kowalski“ bekommt, aber von seinem Verhalten ist er manchmal sehr unsympathisch und entwickelt sich in eine Richtung, die seinem Vater im Grunde in nichts nachsteht. Es ist sehr schade, dass es fast keine Auszüge oder Zitate von den Texten gibt, die Martin selbst schreibt. Gar keine Textabschnitte gibt es aus den Artikeln, die für die einzelnen Redaktionen entstanden und veröffentlicht wurden. In diesem Buch werden über weite Strecken noch mehr Zitate aus anderen Werken eingebaut als in den Büchern zuvor. An ein paar Stellen arbeitet Henschel mit dieser Methode kreativ. Hier treten als neue Personen seines Lebens stärker die Rutschkys, Max Goldt und etwa Wiglaf Droste in den Vordergrund, gleichzeitig sind diese Abschnitte geprägt von in-jokes, die wohl nur für die vorkommenden Personen Sinn ergeben. Gleichzeitig nimmt Martin ähnlich wie in den Bänden zuvor kaum am öffentlich/politischen Leben teil und bewegt sich doch trotz allem in einer sehr privilegierten Welt von Journalist*innen und Schriftsteller*innen, die kaum Bezug zur Außenwelt hat. Erfolgsroman ist verglichen etwa mit Jugendroman stilistisch deutlich weniger ausgereift. (Diese Kritik nehme ich natürlich zurück, wenn damit Henschels Stil imitiert wird, den er als beginnender Schriftsteller hatte.)

Erfolgsroman habe ich zwar gerne gelesen, es ist aber vermutlich nur ein mittelmäßiges Buch, was an der doch sehr hermetischen Welt, dem Verhalten Martins und der stilistischen Unsicherheit liegt.

Gerhard Henschel: Erfolgsroman. Hoffmann und Campe 2018, 602 Seiten.

[Keine bezahlte Werbung. Buch aus Besitz]

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